Prosper Montagné, Koch,
kulinarischer Schriftsteller und Journalist

portraitSeit seinem Tode am 22. April 1948 ist der Name Prosper Montagné unvergessen. Sein Freund und Anhänger René Morand hat ihm mit der Gründung des „Club Prosper Montagné“ einen, die Zeit überdauernden Gedenkstein gesetzt.

Prosper Montagné, von allen Köchen seiner Zeit verehrt und Vater einer grossen kulinarischen Lehre, erblickte 1865 in Carcassonne das Licht der Welt. Sein Vater war Direktor eines respektablen Unternehmens für moderne Artikel. Der junge Prosper studierte im dortigen Lyzeum – mit viel Hingabe und grossem Wissensdurst legte er den Grundstein zu seiner umfassenden kulturellen Bildung und allseits geachteten Gelehrsamkeit.

Dass er Koch aus Berufung wurde, wäre zuviel gesagt. Nach dem Studienabschluss fühlte sich der junge Mann eher zu den bildenden Künsten hingezogen. Sein Traum war es, Architektur zu studieren, doch setzte sich das Leben mit seiner Unvorhersehbarkeit diesem Ziel entgegen:

In Toulouse war das alte „Hôtel des Quatre Saisons“ zum Kauf ausgeschrieben. Vater Montagné entschied sich zum Erwerb und beschloss, dass sein Sohn Koch werden solle.

Der künftige „Chef“, von eher trotzigem Charakter, war über diesen väterlichen Entscheid wenig begeistert. Er fügte sich zwar, richtete sich jedoch klammheimlich im Estrich des „Quatre Saisons“ ein vollständig ausgestattetes Maleratelier ein. Stundenlang entfloh er alsdann der Küche in sein geheimes Reich, um Bilder zu malen, die damals schon Spiegel jener Energie und Leidenschaftlichkeit waren, die ihn sein Leben lang auszeichneten.

Papa Montagné jedoch hatte dafür nicht das mindeste Verständnis. Um den künstlerischen Ambitionen seines Sohnes den Riegel vorzuschieben, sandte er Prosper als Lehrling ins „Hôtel d´Angleterre“ in Cauterets, wo der junge Mann einem der besten Köche dieser Zeit, Alphonse Meillon, anvertraut wurde. Verfolgen wir seinen weiteren Werdegang:

Unter seinem neuen Lehrmeister erwacht in Prosper Montagné bald die Freude an der Arbeit, welche ihm zuvor als seiner Talente unwürdig erschienen war. Als Meillon seinem Lehrling all sein Wissen und Können weitergegeben hat, zieht dieser weiter nach Paris: Er wird zuerst Mitglied der Brigade des Hotels „Les Ambassadeurs“, dann Koch im „Grand Hôtel“. In letzterem sollte er, viele Jahre später, seine Karriere als Chef aller Küchen beenden.

Inzwischen kehrt er u.a. nach Cauterets zurück, wo er unter Pierre Philippe arbeitet. Anschliessend trifft man ihn in den Küchen des „Hôtel de Paris“ in Monte-Carlo, bis er zum Militärdienst einberufen wird.

Nach dieser völlig anders gelagerten Ausbildungs- und Servicezeit arbeitet er als Küchenchef im Casino von Luchon und während der Wintersaison an der Côte d´Azur, in Monte-Carlo. Den Sommer hindurch perfektioniert er seine Kochkünste in Luchon unter Prosper Salles, einem Schüler von Philéas Gilbert. Anschliessende Etappen sind das Grand Hôtel von Brüssel, der „Pavillon d´Ermenonville“ in Paris – unter Chef Ledoyen – und schliesslich das Grand Hôtel Paris, wo er 1907 seine Koch-Laufbahn zugunsten eines Neuanfangs aufgibt.

Neuer Anfang, neue Karriere: Aus Prosper Montagné, dem talentierten Koch, wird Prosper Montagné, der schnell berühmte kulinarische Schriftsteller.

Unermüdlich, voll unbegrenzter Arbeitskraft, schreibt Prosper Montagné unzählige Werke und Artikel. Sein Name erscheint zu jener Zeit in den meisten der wichtigen Zeitungen und Zeitschriften, sowohl in Paris als auch in den Provinzen. Er ist Hauptkommissar der kulinarischen Ausstellungen in Paris, Nahrungsmittelinspektor der Herbergen der sozialen Fürsorge, Lehrer an der Handels- und Hotelfachschule für Frauen, Redner, Demonstrant usw., usw…

Während des Krieges 1914-1918 wird er in den Dienst des Militärs berufen, wo er die Zentralküche der IV und VIII Armee organisiert und die berühmte „Ecole des Cuistots“ (Militärküchenchef-Schule) gründet.

Unermüdlich und beredsam durchzieht er ganz Frankreich um das „kulinarische Evangelium“ und das Feuer, das in ihm wohnt, einer enthusiastischen Zuhörerschaft zu übermitteln.

1920 endlich eröffnet er an der Ecke Fauborg Saint-Honoré und Rue de I´Echelle in Paris sein eigenes Restaurant, dessen Emblem seinen neuen Titel trägt: Montagné, Traiteur. Es wird sofort zum Grosserfolg. In weisser Weste arbeitet er vor seinen Kunden, die allesamt seine Freunde sind, und kreiert für sie seine besten Rezepte und Mahlzeiten.

Im Grunde seines Herzens jedoch bleibt Montagné ein Künstler, ist ein schlechter Kaufmann. Trotz des umwerfenden Erfolges seines Restaurants muss er es aufgeben, ausziehen so arm wie er eingezogen war. Er zieht sich nach Sévres zurück, um sich wieder dem Schreiben zu widmen.

Sein Hauptwerk ist das „Grand Livre de la Cuisine“ (Das grosse Buch der Küche), welches er in Zusammenarbeit mit Pierre Salles im wahrsten Sinne des Wortes komponiert. Eine ungeheure Titanenarbeit, wo sein kulinarisches Fachwissen und seine grosse literarische Kapazität auf jeder Seite zum Ausdruck kommen. Dieses Buch enthält unbestreitbar die Quintessenz aller gastronomischen Kenntnisse.

In seiner Eigenschaft als Chefredaktor der „Revue culinaire“ wird Prosper Montagné in seinen letzten Lebensjahren von M. André, dem ausgezeichneten Besitzer des Restaurants „La Reine Pédauque“, als technischer Berater engagiert. Hier darf er, wie er es seinerzeit im eigenen Restaurant gemacht hatte, vor den Gästen arbeiten und seine Talente offenbaren.

Als Chevalier der Ehrenlegion stirbt er, wie erwähnt, im Jahre 1948. In der Achtung seiner Berufskollegen, dem Andenken seiner Schüler und Freunde aber lebt er weiter, damals wie heute.